Le nouveau prépare l’ancien
Dieses Gedicht hat eine komplexere Struktur, als es zunächst den Anschein erweckt. Der Text behandelt die Lektüre von algorithmischen Gedichten und folgt dabei dem Konzept „la lecture interdit la lecture“ (Die Lektüre verbietet die Lektüre): Die Art und Weise, wie der Leser sich verhält, steuert, auf eine ihm letztlich nicht zugängliche Weise, nicht nur einen sichtbaren visuellen Text, sondern auch zwei sich überlagernde Hörtexte. Je nachdem, wie man mit den drei interaktiven Stellen des Sehtextes umgeht, werden die Hörtexte mit jeder Lektüre anders erzeugt. Das Verhalten der Rezipienten bestimmt also Komposition, Dauer und Verständlichkeit dieser Textebenen abhängig davon, wie ‚angemessen‘ man sich gegenüber der Werkstruktur verhält. Diese Struktur aber bleibt weitgehend verborgen. Ob der Text als Ganzes vollständig und ‚richtig‘ erfasst wird, das ist – selbst bei mehrfacher Lektüre – keineswegs garantiert.Philippe Bootz
geboren 1957, arbeitet als Professor für Multimedia an der Universität von Versailles-St. Quentin und als Forscher am Laboratoire Paragraphe (Universität Paris 8) sowie am Institut für digitale Musik in Marseille (MIM) und am ENSCI (Paris). Er ist seit 1984 Präsident der Vereinigung MOTS-VOIR, Gründungsmitglied der französischen Gruppe L.A.I.R.E. (seit 1988) und seit 1989 Herausgeber von alire, dem ersten europäischen Multimedia-Journal für digitale Poesie. Philippe Bootz ist auch Mitbegründer der im Jahr 2003 entstandenen internationalen Vereinigung Transitoire Observable. Als Autor hat er sich seit 1978 mit Textinstallationen sowie mit programmierter Dichtung beschäftigt.> Philippe Bootz